Die Würzburger Straßenbahn im Überblick
Die Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB) – ein Tochterunternehmen der städtischen Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (WVV) – ist für den öffentlichen Personennahverkehr in Würzburg zuständig und betreibt 5 Stadtbahnlinien. Der Fuhrpark besteht aus 40 Stadtbahnzügen in drei Baureihen, die auf dem 21 Kilometer langen, zweigleisigen Streckennetz mit einer Spurweite von einem Meter verkehren. Zudem gehören der Würzburger Straßenbahn 90 Linienbusse, die 303 Bushaltestellen im Stadtgebiet bedienen. Jährlich nutzen 30 Millionen Fahrgäste die WSB, wobei rund 20 Millionen von den Stadtbahnzügen befördert werden.[1]
Historische Meilensteine
1892 startete der Pferdebahnbetrieb zwischen Sanderring und Hauptbahnhof. Nur acht Jahre später wurde die Pferdebahn von der „Elektrischen“ verdrängt. Die Straßenbahn in Würzburg blühte auf, es wurde in Fahrzeuge und Infrastruktur investiert. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg veraltete der Fuhrpark, und in den Sechzigerjahren wurde die Würzburger Straßenbahn zugunsten einer autofreundlichen Stadt infrage gestellt. Glücklicherweise setzte sich die WVV für die Straßenbahn ein. Neue Duewag-Straßenbahnen und die Sanierung des Streckennetzes machten die „Straba“ wieder zu einem attraktiven Verkehrsmittel.[2]
Wegweisend war schließlich die Erweiterung des Gleisnetzes hinauf zum höher gelegenen Stadtteil Heuchelhof Ende der Achtzigerjahre. Eigens dafür wurden 14 Doppelgelenktriebwagen vom Typ GT-E angeschafft. Dank Allachsantrieb und einer Leistung von gut 1000 PS können sie Steigungen von bis zu 91 Promille mühelos bewältigen.[3] 1996 rollte eine komplett niederflurige Generation von Stadtbahnwagen an. Diese 20 GT-N genannten Fahrzeuge mit Allradantrieb lösten die meisten alten Straßenbahnen ab.[4] Ende 1997 konnte auch der Stadtteil Rottenbauer an das Stadtbahnnetz angeschlossen werden.[5] Die Auslastung der Züge auf der Linie 5 stieg daher kontinuierlich an, weswegen es notwendig wurde, die Bahnen der Linie 3 zur Taktverdichtung ebenfalls hinauf zum Heuchelhof fahren zu lassen. 2001 wurde deswegen der Regelbetrieb auf dem eingleisigen Abschnitt durch Heidingsfeld eingestellt.[6]
In den folgenden Jahren sollte der Bahnhofsvorplatz umgebaut werden, einschließlich Verlegung und Optimierung der Gleisanlage. Doch ein Bürgerentscheid gegen ein Einkaufszentrum am Bahnhof kippte die finanzielle Unterstützung seitens des Investors.[7] 2012 fiel in der Zellerau ein Oberleitungsmast um. Als Konsequenz mussten alle Masten eines bestimmten Typs ausgetauscht werden.[8] Das betraf auch den eingleisigen, stillgelegten Abschnitt durch Heidingsfeld. Im Juli 2013 fuhr das letzte Mal eine Bahn durchs „Städtle“ und die Gleisanlage wurde bis 2015 entfernt.[9] Im Oktober 2014 war für drei Wochen die „Artic Tram“ aus Finnland zu Gast. Die Versuchs- und Zulassungsfahrten fanden zuerst ohne, später mit Fahrgästen statt. Sowohl die Fahrgäste als auch die WSB waren von der modernen Bahn beeindruckt.[10]
Aktuelle Projekte der Würzburger Straßenbahn
Seit etlichen Jahren bemüht sich die WSB um die Erweiterung ihres Stadtbahnnetzes. Im Stadtteil Grombühl soll die Gleisanlage um zirka 1,3 Kilometer entlang der erweiterten Unikliniken verlängert werden. Die Inbetriebnahme war für 2020 vorgesehen, doch Rechtsstreitigkeiten und finanzielle Probleme verzögerten das Projekt um Jahre.[11] 2025 fanden immerhin vorbereitende Arbeiten wie Rodungen entlang des künftigen Streckenverlaufs statt. Der Beginn der Hauptbaumaßnahme ist nun für 2026 geplant.[12]
Das mit Abstand größte Neubauvorhaben der WSB ist jedoch die Linie 6 – der Bau einer Stadtbahnverbindung durch den Stadtteil Frauenland entlang des Universitätsgeländes zum Stadtteil Hubland. Eigentlich sollte die neue Trasse bereits zur Landesgartenschau im Jahr 2018 in Betrieb gehen, doch Proteste der Anwohner und Autofahrer sowie Finanzierungsunsicherheiten verzögerten den Baubeginn nachhaltig. Im Dezember 2020 war zwar das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen, der Baubeginn konnte bisher jedoch leider nicht erfolgen. Mit Stand Dezember 2025 sollen im Jahr 2027 endlich die Bauarbeiten beginnen. Es wird mit einer Durchführungsdauer von etwa 3 bis 5 Jahren gerechnet.[13]
Im Januar 2018 gab der Würzburger Stadtrat grünes Licht für die Beschaffung neuer Niederflur-Straßenbahngelenktriebwagen. Knapp zwei Jahre später unterzeichneten die WVV und der Leipziger Straßenbahnhersteller Heiterblick einen Vertrag über vorerst 18 Züge der Baureihe GT-F. Doch Lieferschwierigkeiten und die Insolvenz des Herstellers sorgten dafür, dass bis April 2025 nur zwei Züge nach Würzburg kamen. Wie es nun weitergeht, ist derzeit unklar.[14]
FAQ: Häufig gestellte Fragen
Wie viele Straßenbahnen hat Würzburg?
14 Doppelgelenktriebwagen der Serie GT-E (Betriebsaufnahme: Ende 1989) sowie 20 Niederflurbahnen vom Typ GT-N (Inbetriebnahme ab 1996) verkehren auf dem Netz der Würzburger Straßenbahn. 6 Duewag-Oldtimer dienen zu Schulzeiten oder bei Fahrzeugausfällen als Verstärker. Darüber hinaus kann man eine Partybahn buchen, wahlweise auch mit Anhänger. An Adventswochenenden dient dieser Triebwagen aus dem Jahr 1956 als Nikolaus-Express. Für Wartungsarbeiten stehen noch ein Schienenpflegewagen sowie eine Elektolokomotive mit Schneepflug und Güterwagen zur Verfügung. Zur Übersicht aller Schienenfahrzeuge der WSB.
Wie lange fahren noch die Duewag-Gelenktriebwagen?
Die sechs GT-D aus den Jahren 1968 bzw. 1975 werden erst mit der Inbetriebnahme der neuen Stadtbahnwagen (GT-F) ausrangiert, also frühestens 2026. Details zu den Duewag-Gelenktriebwagen.
Wann ersetzen die neuen GT-F-Züge die Stadtbahnwagen vom Typ GT-E und GT-N?
Frühestens wenn genügend GT-F zur Verfügung stehen, werden auch die GT-E-Züge nicht mehr benötigt. Eine zweite Bestellung sollte bis 2030 erfolgen. Dabei war geplant, dass zehn GT-N durch Neufahrzeuge ab dem Jahr 2027 ersetzt werden würden und zehn weitere ab 2030. Doch dieser Zeitplan ist wegen der Insolvenz des Herstellers der neuen Bahnen vorerst vom Tisch. Übersicht aller Schienenfahrzeuge der WSB.
Was macht die Stadtbahnlinie 5 zum Heuchelhof so besonders?
Die Stadtteile Heidingsfeld und Heuchelhof sind durch eine 1,6 Kilometer lange Steilstrecke miteinander verbunden. Mit einer Steigung von bis zu 9,1 Prozent gilt sie als eine der steilsten Straßenbahnstrecken Deutschlands. Nur Fahrzeuge mit Allachs- bzw. Allradantrieb dürfen die Steilstrecke mit Fahrgästen befahren. Bei Talfahrt gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 40 bzw. 30 km/h. Ein Zugsicherungssystem überwacht die Geschwindigkeit. Infos zur Steilstrecke.
Gibt es in Würzburg ein Straßenbahnmuseum?
Nein. Ende der Siebzigerjahre gab es im alten Betriebshof einen akuten Platzmangel, weswegen sämtliche verbrauchte Straßenbahnwagen verschrottet werden mussten. Dennoch gibt es wieder ein paar alte Schienenfahrzeuge, die von anderen Straßenbahnbetrieben gebraucht gekauft wurden: eine E-Lok mit Schneepflug (Baujahr 1946), die Partybahn aus dem Jahr 1956, den 1963 hergestellten Schienenpflegewagen sowie zwei ehemalige Hagener Duewags – ebenfalls Baujahr 1963. Wer in die Geschichte der WSB eintauchen möchte, findet bei den „historischen Straßenbahnen“ und unter der Rubrik „Geschichte“ ausführliche Informationen zu den Fahrzeugen und zum Liniennetz.
Was ist der Unterschied zwischen einer Straßenbahn und einer Stadtbahn?
Eine Straßenbahn teilt sich meist den Fahrweg mit dem Individualverkehr. Bei einer Stadtbahn haben die Bahnen überwiegend ihren eigenen Gleisbereich. Die Würzburger Straßenbahn modernisierte in den Achtzigern ihr Gleisnetz und achtete darauf, dass die Bahnen, wo immer möglich, ihren eigenen Gleiskörper und damit stets freie Fahrt haben. So wurde aus der Straßenbahn eine Stadtbahn.
Quellenangaben
- „Zahlen und Daten der Würzburger Straßenbahn GmbH“ | Stand: September 2022, Website der WVV, abgerufen am 22.12.2025.
- Thomas Naumann: „Die Würzburger Straßenbahn – Ein Gang durch hundert Jahre öffentlicher Nahverkehr“, Würzburger Straßenbahn GmbH, 1992.
- Heinz Hartwig, Rudolf Zettner: „Würzburgs Niederflur-Stadtbahnwagen: Der GT8/8C – Ein Fahrzeug für Steilstreckenbetrieb“, Sonderdruck aus DER NAHVERKEHR (7. Jahrgang) Nr. 6/89, S. 38–48.
- Dipl.-Ing. Heinz Vogt: „20 GT-N für die Würzburger Straßenbahn“, Stadtverkehr 9/96, S. 20–23.
- „Linie 5 fährt nach Rottenbauer“, WVV-Magazin 11/97, S. 11.
- „Bye bye, Linie 3: Nur der Schoppen-Express bleibt“, Mainpost, 09.06.2001.
- „Stopp für Bürgerentscheid und 150-Millionen-Projekt“, Mainpost, 12.11.2004.
- „Korrosion droht: Alle 140 Straba-Masten müssen weg“, Markt am Mittwoch, 05.12.2012.
- Udo Feldinger: „Letzte Straßenbahnfahrt durch das Städtle“, M | F | K | Süd, 09/2013, S. 20.
- siehe Videofilm über die Artic Tram.
- „Vollbremsung: Rechtsstreit stoppt Straba-Verlängerung“, Mainpost, 13.04.2018.
- „Straßenbahnerweiterung Grombühl“ | Bautagebuch , WVV-Website, abgerufen am 22.12.2025.
- „Die Straßenbahn ins Frauenland & Hubland“, WVV-Website, abgerufen am 22.12.2025.
- „Neue Straßenbahnen“ | Bautagebuch, WVV-Website, abgerufen am 22.12.2025.